Fotopirsch im Gartenreich Dessau-Wörlitz

Natur-, Kultur- und Industriehistorie standen auf der Agenda der 4-tägigen Fotoreise der Fotogruppe Hausen vom 26. bis 29. Juni 2010.  Das abwechslungsreiche Programm lockte 36 Teilnehmer nach Sachsen-Anhalt und die mitgebrachten Aufnahmen belegen, dass  sich diese Fahrt gelohnt hat. Dietrich Wirk berichtet die Einzelheiten, die Bildbeiträge stammen von Dietrich Wirk, Rudolf Dölling, Rosemarie und Rudi Müller sowie Winfried Diegelmann.

„Hier ists ietzt unendlich schön“ , konstatierte Goethe schon 1778  in einem Brief an Freifrau von Stein und meinte damit das Gartenreich Wörlitz, dessen Schönheit wir bei unserer Fotoreise auch 2010 noch bestätigt fanden.

Der 112 Hektar große englische Garten in Wörlitz bei Dessau ist einer der größten, frühesten und bedeutendsten Landschaftsparks in Kontinentaleuropa. Fürst Leopold III Friedrich Franz von Anhalt-Dessau hatte ihn unter dem Einfluss der bürgerlichen Aufklärung im Rahmen seines Reformprogramms von 1764 an für seine Bürger angelegt. Von seinen Studienreisen nach England, Italien, Frankreich, Holland und in die Schweiz hatte er viele Ideen mitgebracht, die er in Wörlitz gartenkünstlerisch umsetzte.

Fotoreisende in Wörlitz
Fotoreisende in Wörlitz

Die  Teilnehmer unserer Reisegruppe waren im Landhaus Wörlitzer Hof am Rande des Parks und direkt am Wörlitzer See untergebracht und konnten die Idylle auch am frühen Morgen und in der Abenddämmerung genießen, sofern die Mücken, die just zu dieser Zeit das unumschränkte Regiment in dem wasserreichen Gebiet nahe der Elbe führten, dies zuließen.

Bei einer über dreistündigen fachkundigen Führung durch den kompetenten und unterhaltsamen Parkführer Heintze wurden uns nicht nur die gartenkünstlerischen Besonderheiten sondern auch historische Hintergründe und allerlei Anekdoten präsentiert. In reicher Fülle boten sich ständig wechselnde Gartenbilder mit anregender Kleinarchitektur, Skulpturen und Blickpunkten. Immer wieder eröffneten sich genial angelegte Sichtachsen und überraschende Fotomotive.

Aus einer anderen Perspektive genossen und fotografierten wir die Parklandschaft bei einer Gondelfahrt auf dem Wörlitzer See, die uns vorbei an herrlichem Baumbestand, blühenden Seerosenfeldern und durch gewundene Kanäle mit Blick auf Statuen und kleine Tempelchen führte. Der Wörlitzer Landschaftspark ist Teil des Gartenreiches Dessau-Wörlitz, das seit dem Jahr 2000 auf der Welterbeliste der UNESCO steht.

Zum Gartenreich gehört auch das Rokkoko-Schloss Mosigkau, das wir in einer humorvollen Führung durch Herrn Rohowski kennen lernten und das uns bei herrlichem Wetter tolle Fotomotive bot. Auch dem Schloss und Park Georgium mit der Anhaltinischen Gemäldegalerie statteten wir einen Besuch ab. Das kleine klassizistische Landhaus, errichtet von Wilhelm von Erdmannsdorf, steht in einem kunsthistorisch bedeutenden Landschaftspark englischen Stils.

Während ein Teil unserer Gruppe sich der nahegelegenen Lutherstadt Wittenberg annahm, durchstreiften die Gartenliebhaber noch weitere Parks, so das idyllische Luisium mit dem kleinen Schlösschen und der Orangerie und das nach holländischem Vorbild angelegte Städtchen Oranienbaum mit dem mächtigen Barockschloss und dem großen Garten.

In der Nachbarschaft der Wörlitzer Gartenanlagen entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein krasses Gegenstück zu den lieblichen Gartenbildern. Chemische Werke entstanden, Arbeitersiedlungen wurden gebaut, Industriewerke bestimmten die Silhouette und der Landschaft wurden durch den Braunkohletagebau schmerzhafte Wunden zugefügt. Seit dem Ende der DDR hat sich vieles zum guten gewendet. Die Relikte der grausamen Landschaftszerstörung, fünf gigantischen Schaufelbagger und Abraumanlagen, wurden an einem renaturierten See im Industriepark „Ferropolis“ zu einem rostigen Denkmal zusammengestellt, das uns aus vielen Perspektiven eine Fülle interessanter Fotomotive der anderen Art bot.

Am letzten Tag der viertägigen Fotoreise besuchten wir das Industrie- und Filmmuseum in Wolfen, wo bei einer instruktiven Führung die komplizierte Entstehung des ersten Farbfilmes der Welt in der ehemaligen AGFA-Filmfabrik nachempfunden werden konnte. Wenn auch die Zeit des analogen Filmes vorbei ist, war es dennoch interessant, zu erfahren, welch diffizile Verfahren notwendig waren, bis endlich der Film in der Spule war.

Auf der Hinfahrt hatten wir, bevor wir in Leipzig unsere Mittagspause einlegten, mit der Besichtigung des „Panometers“ ein außergewöhnliches Erlebnis: Im Inneren eines alten Gasometers hat der Berliner Künstler Yadegar Asisi aus riesigen detailreichen Fotografien die Illusion Amazoniens geschaffen. In einer aufwändigen Ton- und Lichtinstallation konnten wir von einer sechs Meter hohen Plattform aus den tropischen Regenwald bei Tag und Nacht, bei Regen und Gewitter, mit all seinen Lichtstimmungen, Lauten und Geräuschen erleben. Ergänzend gab es eine umfassende und sehr lehrreiche Ausstellung, die alle Aspekte des Regenwaldes von der Mikrofauna bis zum Weltklima umfasste.

Dietrich Wirk